Da veröffentlicht eine Band ein absolutes elektronisches Meisterstück von Album, nur um danach fast komplett von der Bildfläche zu verschwinden. So geschah es mit IRIS, dem amerikanischen Duo, das mit "Blacklight" 2010 ein Manifest des elektronischen Pop veröffentlichte. Auf der nachfolgenden US-Tour zerstritten sich Andrew Sega und Sänger Reagan Jones jedoch erheblich, was das Projekt auf Eis legte - eigentlich für immer. Eine lange Periode des Schweigens folgte, beide Musiker gingen eigene Wege. Irgendwann flammte aber ein kleiner Funke auf, denn Reagan Jones schickte drei Song-Rohbauten an Sega. Der Funke wurde schnell größer, als man sich entschied, doch noch mal ein neues Studioalbum in Angriff zu nehmen. Als die Songs anfingen, Gestalt anzunehmen, und deutlich an Dichte, Kraft und Qualität gewannen, schälte sich gleichzeitig ein Albumtitel für uns heraus: "Radiant", erinnert sich Andrew Sega. "Es ist die Geschichte eines Menschen, der seine Welt plötzlich in einem neuen Umfeld wahrnimmt und sieht, wie hell und strahlend diese neue Welt wirklich sein kann, wenn man sie mit neuen Augen betrachtet."
Mit "Radiant" sind IRIS quasi wiedergeboren worden, und das erklärt auch die Wärme, die Strahlkraft des mit intensiven Farben geschmückten Albumcovers, vielleicht auch das Grundgefühl des Albums, welches sich mit Attributen wie "warm", "schmeichelnd" oder "harmonisch" beschreiben lässt. Und auch wenn in den Kompositionen eine Zen-gleiche Ruhe und Geschmeidigkeit liegt, nimmt "Radiant" spätestens nach mehrmaligem Hören mit einer Qualität für sich ein, die viele andere Alben aus diesem Genre vermissen lassen: Tiefe. Die Vocals von Reagan Jones führen Andrew Segas harmonische elektronische Arrangements an und verleihen ihnen nicht nur Emotion, sondern ein Gefühl, das man eher von alten 4AD-Klassikern kennt: Eine Ambient-artige Ausgeglichenheit, Wärme und funkelnde Qualität, an der man sich kaum satthören kann. Vielleicht ist es die entscheidende Qualität von "Radiant", dass IRIS mit ihren Songs nie auf den typischen Synthpop-Ohrwurm schielen, der viele Genre-Kollegen zu flachen Abziehbildern großer englischer Vorgänger macht. Bei IRIS stellt sich der Wiedererkennungswert quasi nebenbei ein, während man als Hörer in ihrer Musik regelrecht badet -oder besser: wie in einer Limousine durch eine fremde, glitzernde Metropole bei Nacht chauffiert wird und die Lichter der Großstadt bestaunt, während man durch illuminierte Straßen oder Wolkenkratzerschluchten fährt. Ein absolut wunderbares Album, ein Produkt einer besonderen Bandchemie, die Sega wie folgt erklärt: "Reagan und ich sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere, wie zwei gegensätzliche Kräfte. Iris ist der Bereich in dem sich diese Kräfte vereinen und etwas Besonderes schaffen, und wenn die Gegensätzlichkeit in uns zur Synergie wird, dann kommt halt etwas Schönes wie 'Radiant' heraus."
Veröffentlichung: 24.10.2014 (Europa)
Erhältliche Editionen:
- CD in der Standard-Jewelbox
- limitierte Doppel-Vinyl/Doppel-CD „Complete Edition“ mit der Bonus E.P. „Phenom“
Tracklist:
1. Another Way
2. Phenom
3. Wayseer
4. In The Clear
5. Sound Becomes Waves
6. Don't Cry
7. Infinite Yonder
8. Cries Of Insanity
9. Rewired
10. Sight Unseen
11. Life In A Forest
Bonus Disc: Phenom E.P.
1. Phenom (Club Mix)
2. Phenom (Celestial Mix)
3. Wayseer (Extended)
4. Sing, Dark Choir
5. Inside We Are All One